Ich habe im Freundeskreis viele Patchworkfamilien und wir sind auch eine. Zum Glück sind schiefe Blicke heute selten, wenn man sich als getrennte/r Mutter/Vater mit Kindern aus verschiedenen Beziehungen outet. Ich stelle aber immer wieder fest, dass bei den meisten nicht immer alles reibungslos läuft. Klar, es gibt auch diese Muster-Patchworkfamilien, bei denen der neue Freund von Mama und die neue Freundin von Papa mit ihren jeweiligen Kindern aus früheren Beziehungen zelten fahren, und es klappt super. Aufgrund meiner subjektiven Erfahrungen denke ich jedoch, dass sie relativ selten sind.
Die schwierigste Situation ist, wenn ein Elternteil plötzlich eine/n neue/n Partner/in. Gerade wenn die Trennung noch frisch ist, spielen Eifersucht und Rache womöglich eine große Rolle. Aber auch nach Jahren ist es meiner Meinung nach legitim, die/den Neue/n des Ex-Partners nicht näher kennenlernen zu wollen. Das Scheitern einer Beziehung, vor allem wenn Kinder dabei sind, tut einfach weh. Selbst wenn man irgendwann „über dem Berg“ ist und sich neu verliebt, bleibt so was wie eine Narbe.
Die Frage ist: Was macht man, wenn Kinder dabei sind? Manche Menschen sind so klug und einfühlsam, die Kinder des neuen Partners aus früheren Beziehungen fair zu behandeln. Das klappt aber nicht immer. Wenn der neue Partner zum Beispiel keine Kinder will, weil er schon welche hat, bilden sich bei dem/der Neuen oft unbewusst Ressentiments gegenüber diesen Kindern, die das auch spüren. Oder es kommen irgendwann eigene Kinder, und die Kinder des Partners werden stiefmütterlich behandelt. Ich habe leider diese Erfahrungen in meiner Kindheit gemacht. Mein Vater hatte nach meiner Mutter mehrere langjährige Beziehungen. Gut verstanden habe ich mit mich mit seinen Freundinnen nie. Im Nachhinein betrachtet waren sie eifersüchtig auf mich und meine Bindung zu meinem Vater (der keine Kinder mehr wollte).
Vor ein paar Jahren gestand mir ein Vater, den ich aus dem Kindergarten kannte, dass seine neue Freundin und seine Kinder sich Null verstanden und er ziemlich verzweifelt war. Die Trennung von der Mutter der Kinder war hässlich gewesen, das Verhalten zu ihr seitdem unterkühlt. Er hatte sich, während er noch mit ihr verheiratet war, in seine aktuelle Freundin verliebt. Die mittlerweile Ex-Frau war sehr gekränkt gewesen. Sie ließ kein gutes Haar an ihrem Ex-Mann und seiner neuen Partnerin. Die Kinder waren zum Zeitpunkt der Trennung 7 und 4 und hatten viel gelitten, insbesondere das Älteste. Hinzu kam, dass die neue Freundin keinen Zugang zu den Kindern fand und sich mehr oder weniger weigerte, mit ihnen etwas zu unternehmen. Eigentlich wollte sie ein eigenes Kind, aber das war finanziell nicht möglich, da er eine Umschulung machte und Alimente an die Ex-Frau zahlen musste. Der Mann, ein ganz fürsorglicher und einfühlsamer Vater, zerrieb sich zwischen seiner neuen Liebe und seinen Kindern. Wie es ausgegangen ist, weiß ich nicht. Wir haben uns aus den Augen verloren.
Mein damaliger Freund meinte damals, dass er die Mutter der Kinder nicht verstehen konnte. Selbst wenn man verletzt wird, müsse man seiner Meinung nach als Elternteil die eigenen Gefühle verstecken und den neuen Partner des Ex akzeptieren. Ich war anderer Meinung. Schlecht reden und die Kinder negativ beeinflussen finde ich in so einer Situation ebenfalls schlecht und unfair. Aber ich konnte auch verstehen, dass diese Frau nicht mit ihrem Ex-Mann und seiner neuen Flamme zum Spielplatz wollte.
Wie funktioniert man also als Patchworkfamilie? Das Wichtigste ist, dass es den Kindern gut geht. Dass sie Mama und Papa haben und wissen, dass sie auf beide zählen können. Und auch bei einem gekränkten Ego sollte man als Mutter/Vater so fair sein und nie über den Ex schlecht reden, denn er/sie ist der Papa beziehungsweise die Mama. Egal wie bereichernd ein Stiefvater oder seine Stiefmutter sein können, das Kind braucht seine Eltern, und zwar beide.
Darüber hinaus bleiben wir als Eltern jedoch Menschen. Auch mit 30, mit 40 und mit 50. Und mit gebrochenem Herz kann man nicht immer lächeln. Es ist okay für die Kinder zu wissen, dass Papa nicht mit Mama und ihrem neuen Freund nach Spanien fliegen will, weil er Mama sehr geliebt hat und die neue Situation ihm weh tut. Und umgekehrt. Die Kinder profitieren von dieser Ehrlichkeit und wissen, später ihre Emotionen nicht zu verstecken. Wir haben alle unsere Risse, Beziehungen sind schwierig, und das Leben ist nicht perfekt. Diese Lektion kann man meiner Meinung nie früh genug lernen.